Donnerstag, 31. Januar 2019

Postpoetry.NRW in Bielefeld, 30.01.2019


Simone Scharbert und Jonas Wagner überzeugten mit ihren Gedichten und gaben Einblick in ihre Textwerkstatt

v.l.n.r. Thomas Kade (Moderation), Jonas Wagner (Nachwuchspreisträger), Simone Scharbert (Lyrikerin)
Seit vier Jahren besuchen jeweils zwei Preisträger*innen des Projektes postpoetry.NRW mit ihren Texten die Stadtbibliothek Bielefeld.


Seit vier Jahren sind Oberstufenschülerinnen und -schüler der Gesamtschule Rosenhöhe u. a. mit ihrer Lehrerin Frau Löwenstein zu Gast.
Und seit vier Jahren staunen die Autor*innen, wie wunderbar die Räumlichkeiten der Stadtbibliothek sind und wie kompetent die Schüler*innen sie zu ihren Texten befragen. Die konzertierte Aktion von Bibliothek, Schule und postpoetry.NRW gelingt wunderbar und zum Gewinn aller Beteiligten, weil drei engagierte Partner zusammenwirken.


Am vergangenen Mittwoch waren also Simone Scharbert und Jonas Wagner,  Preisträger*in des Jahres 2018, in Bielefeld zu Gast.



Jonas Wagner überzeugte nicht nur mit seinem Preistext „Sonntag“ (siehe Lyrikpostkarten), sondern auch mit seinem spielerischen, spartenübergreifenden Umgang mit der Lyrik. Er forderte bspw. die jungen Gäste auf, in seinem „Scrabbelgedicht“ Sprachverbindungen zu finden. Mit viel Arbeitsaufwand hatte er zu seinem Gedicht „täglich“, das die Situation des Schreibens unter Zeitdruck zum Gegenstand hat und die Selbstaufforderung, weiter zu machen, thematisiert, einen Trickfilm gestaltet. Dabei ging es nicht etwa um eine Redundanz von Wort und Bild, sondern um eine Erweiterung der Wahrnehmung, besonders auch im Hinblick auf den Klang. Das Hörerlebnis wurde zum Percussionserlebnis und verriet den Musiker und Marimbaphonspieler Jonas Wagner.

Auch bei Simone Scharbert, die u. a. Texte aus ihrem Lyrikband  „ERZÄHL MIR VOM ATMEN“ (2017) las, spielten Rhythmik und Klang eine Rolle. Sichtbar wurde dies in ihrer Art, die Gedichte zu „dirigieren“ und zu sprechen. Gegenwärtig, so berichtete sie, hat sie eine spezifische Form ihrer Lyrik, die durch einen Kasten begrenzt wird, gefunden: Die Texte dürfen über diesen Rahmen nicht hinaus wachsen. Das verlangt Kürzung und „Arbeit in die Tiefe“ erklärte sie.  


Thematisch stellte sie in zwei Leseblöcken unterschiedliche Textzyklen vor: zum einen ging es um Materialien, wie beispielsweise RAUHFASER: „und stell dir vor wir wohnten in einem raum raugefasert aus/dünnem holz späne ehemals großer bäume auf unseren/wänden…“
Zum anderen ging es im Rekurs auf Thomas Kling, für den Wespen eine besondere Rolle spielten, und in der Verarbeitung eines besonderen Erlebnisses um das Thema „Wespen“.  Dem aufmerksamen Publikum entging es nicht, dass die satzzeichenfreie Kleinschreibung von Simone Scharbert an einer Stelle durch Kursivschrift mit Interpunktion unterbrochen wurde: „wespe, wespe komm in meinen mund…“ Die Textstelle konnte auf Nachfragen als Zitat von Marcel Beyer identifiziert werden.
Im „Wespenkontext“ wunderte es kaum, dass Simone Scharberts Preisgedicht sich ebenfalls dem ganz Kleinen, dem „REICH DER FACETTE“ widmet und sich auf eines anderes Insekt, nämlich die Biene, bzw. das Facettenauge der Biene, bezieht.
  
Das einzige Bedauerliche dieses Morgens war, dass der WDR (TV) sein Kommen kurzfristig absagen musste. Wirklich schade!

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