Laudatio zu „Kreuzworträtsel“
von Thang Toan Nguyen
Thang Toan Nguyen führt uns
mit seinem Text in eine Situation, in der das Ich des Gedichts sowohl mental
als auch kognitiv unentschlossen, ja widersprüchlich gestimmt wirkt, auf jeden
Fall nicht ganz bei der Sache ist, die es vorgibt zu tun, nämlich ein
Kreuzworträtsel zu lösen. „Stehend pendelt der Stift“.
Das Ich nimmt die
vorgestanzten Buchstabenkästchen nicht richtig wahr, scheint dies auch gar
nicht zu wollen, denn für „Muster“ und „Wissenprediger“ fehlt ihm das
Interesse.
Stattdessen unterläuft der
Schreibende die Vorgaben und lässt seiner Kreativität freien Lauf, ignoriert
Frakturen und notiert stattdessen Neologismen.
Und so vertreibt er sich die
Zeit, indem er mit Wortfetzen experimentiert, die für das Kreuzworträtsel
vermutlich nicht zu gebrauchen sind. Am Ende setzt er zum „Federstreich“ an.
Was seinen Streichungen zum Opfer fällt, wird nicht vollständig klar, sicher
ist nur, dass das Ich des Gedichts sich nicht den Vorgaben anpasst, sondern seinen
eigenen Regeln folgt: „was ich schreibe ist falsch, doch es passt.“
Thang Toan Nguyen hat ein
Gedicht verfasst, das anders als Kreuzworträtsel in gewisser Weise rätselhaft
bleibt und sein will. Ihm geht es offenbar mehr darum, den Prozess der Subversion
darstellen, mit dem vorgegebene Spielregeln unterlaufen werden. Damit aber
beschreibt der Autor in gewisser Weise den Prozess, wie ein Gedicht entstehen
kann: sich die größtmögliche Freiheit im Umgang mit der Sprache zu nehmen und
durch die Brechung von Sprachregelungen Neues zu schaffen.
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