Laudatio
zu „kletterbäume auf den zungen“
von Tamara Malcher
In
„kletterbäume auf den zungen“ fängt Tamara Malcher den Augenblick ein, in dem
eine neue, fast schon aufgegebene Beziehung beginnt. Obwohl man kaum etwas über
das Paar weiß, entwirft die Autorin mit bloßen Andeutungen ganze eine Szene,
die sich wie von allein im Kopf des Lesers vervollständigt. Es ist die Rede von
einer fünften Zigarette, es scheint also schon ein längeres Gespräch vor dem
Haus zu sein, das die beiden führen. Und dennoch wird das lyrische Ich weder
hineingebeten noch weggeschickt, sodass es die Hoffnung auf eine Beziehung
schon zu Beginn des Gedichtes mit dem Zaunpfahl begräbt. Mit einer Leichtigkeit
nimmt Tamara Malcher Sprachbilder aus der Garten-/Naturwelt und setzt sie ein
in einen neuen und ganz eigenen Kontext, der hier auch von einer
augenzwinkernden Melancholie geprägt ist: „in zeiten des bienensterbens ist es
schwer//ein selbstportrait mit bienenschwarm zu malen“ heißt es da zum
Beispiel. Mag man ...
hierbei
an eine bloße Schwärmerei denken, die nicht ausreicht, um mehr daraus zu
machen, schwingt mit dem Bienensterben noch etwas Anderes mit. Denn es ist
unsere Zeit, in der die Bienen sterben, in der die Welt auf eine bestimmte
Weise geordnet und durch den Mensch beeinflusst wird, dass für die Natur und
somit auch für die Bienen weniger Raum bleibt. Im übertragenen Sinne auch
weniger Raum für eine Beziehung oder eine belanglose Schwärmerei. Und doch es
ist es in dem Gedicht nicht einmal wertend gemeint; das lyrische Ich zieht fast
schon pragmatisch den Schluss, dass es in diesen Zeiten schwer sein muss das
Selbstportrait mit Bienenschwarm zu malen. Umso überraschender kommt
schließlich der Wendepunkt: erneut wird das Bienenbild aufgegriffen, als das
lyrische Du plötzlich Honig auf die Wangen des lyrischen Ichs fliegt. Es ist
dieses eigensinnige Bild auf dem das Gedicht endet – wie eine Art Schnappschuss
oder eine Momentaufnahme, die sich einbrennt. Tamara Malcher spielt in dem
Gedicht mit der Imagination des Lesers, vieles klingt an und bleibt
gleichzeitig offen, schwer fassbar. Und genau das fasziniert. Wie auch das
Thema: Beziehung, heute und bleibt dafür tatsächlich weniger Raum? Es lässt
nachdenklich zurück. Wie es jedoch mit dieser speziellen Beziehung weitergeht
bleibt so offen wie das Gedicht. Das wichtigste ist hier der Augenblick selbst,
der, ohne kitschig zu sein, in der hoffnungsvollen Spannung zwischen dem
Aufgeben und dem Beginn einer Beziehung steht.
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