von Philipp Blömeke
Am Freitag, den 9.
November wurde in Köln der postpoetry.NRW-Lyrikpreis 2018 an zehn Lyriker*innen
verliehen – der Landespreis steht damit in seinem neunten Jahr. Der diesjährige
Verleihungsort war das Literaturhaus Köln, bis auf den letzten Platz gefüllt
mit einer aufmerksamen Zuhörer-, Mitdenker- und Zuschauerschaft. Die
Autor*innen Monika Littau, Koordinatorin und Erfinderin des Preises, sowie
Jürgen Nendza moderierten den Abend, führten in das Anliegen von postpoetry ein,
besprachen und befragten die ausgezeichneten Texte und ihre Autor*innen; wie im
Vorjahr konnte für Zwischenspiele die Singer-/Songwriterin Sophie Knops
(Mönchengladbach/Osnabrück, Gesang und perkussive Lap Style-Gitarre) gewonnen
werden.
Mit dem
diesjährigen postpoetry.NRW-Lyrikpreis wurden in der Kategorie „Lyriker*innen
NRW“ Klára Hůrková (Prag/Aachen),
Simone Scharbert (Aichach/Erftstadt),
Sigune Schnabel (Filderstadt/Düsseldorf),
Lea Schneider (Köln/Berlin)
sowie Amir Shaheen (Lüdenscheid/Köln)
ausgezeichnet;
in der Kategorie „Nachwuchs“ ging der Preis an die Lyriker*innen
Florian Kranz (* 1994
Wittlich/Leverkusen), Sven Spaltner (*
2000 Eschweiler/Köln), Pauline van
Gemmern (* 1998 Langenfeld/Leipzig), Jonas Wagner (* 1994 Detmold/Oerlinghausen) und Lea Weiß (geb. 1997 Bonn/Jena). Lea
Weiß wurde durch die am Verleihungsabend durchgeführte Abstimmung zusätzlich
der Publikumspreis postpoetry 2018 verliehen.
Der Tag der
Preisvergabe fiel dieses Jahr auf den bedeutsamen 9. November. Jürgen Nendza
und Monika Littau eröffneten den Abend daher mit einer Reflexion auf das
historische Bewusstsein von
Sprache, von Gedichten und ihrer Kraft, zu gedenken, zu bewahren, zu reflektieren. In einer spontanen Abschlussrede lenkte auch Lea Schneider zum Ende der Verleihung die Aufmerksamkeit erneut auf den 9. November als einen Tag der Mahnung, als Aufforderung und Verpflichtung, Pogrom, Verfolgung, Hass und Feindschaft entgegenzuwirken, solidarisch, praktisch, sprachlich. Ohne dass die drei Redner*innen es aussprechen mussten, wurde offensichtlich, welche Bedeutung einem bewussten Sprechen in unserer Zeit zukommt – und vor welcher Aufgabe sich eine reflektierende Dichtung sieht, sehen muss.
Sprache, von Gedichten und ihrer Kraft, zu gedenken, zu bewahren, zu reflektieren. In einer spontanen Abschlussrede lenkte auch Lea Schneider zum Ende der Verleihung die Aufmerksamkeit erneut auf den 9. November als einen Tag der Mahnung, als Aufforderung und Verpflichtung, Pogrom, Verfolgung, Hass und Feindschaft entgegenzuwirken, solidarisch, praktisch, sprachlich. Ohne dass die drei Redner*innen es aussprechen mussten, wurde offensichtlich, welche Bedeutung einem bewussten Sprechen in unserer Zeit zukommt – und vor welcher Aufgabe sich eine reflektierende Dichtung sieht, sehen muss.
postpoetry ist seit jeher ein Preis auf Wanderschaft, das heißt, die Preisvergabe sowie die für das kommende Frühjahr angesetzten Lese- und Workshopreisen der Preisträger*innen finden an immer anderen Orten, Institutionen und Häusern statt. Damit kommt der Preis, kommen seine Träger*innen und seine Schauplätze in Kontakt, zugunsten einer Verlebendigung, einer Dynamisierung und eines Austauschs der Literatur und des Literaturbetriebs im Land NRW.
Der Grundgedanke von postpoetry ist der der
Vernetzung: Die „Post“, die er im Namen trägt, weist bereits darauf hin, denn
mitnichten bezieht sich dieser Namensteil auf das englische „post“, also
„nach“. postpoetry ist nicht zu verstehen als ein Format, das die Dichtung
hinter sich lässt – sondern vielmehr als etwas, das Dichtung hinterlässt,
hinterlegt, jemanden mit ihr adressiert. Die mit diesem Preis ausgezeichneten
Gedichte, verstanden als Dialogbeitrag, als Gespräch, lassen sich versenden,
schicken sich ihren Leser*innen zu – als graphisch gestaltete Postkarten, die
bei der Preisverleihung vorgestellt werden und zur Mitnahme ausliegen,
einerseits. Andererseits vielleicht schon in diesem Sinne, dass Gedichte, wo
immer sie geschrieben werden, ihr Gegenüber ansprechen, adressieren, meinen. Vielleicht, so könnte man
überlegen, spielt postpoetry mit seinen Postkarten als einem analogen Format in
digitaler Zeit mit den Gedanken, die Paul Celan in der Tradition Osip
Mandel'štams über Dichtung äußert: „Das Gedicht kann, da es ja eine
Erscheinungsform der Sprache und damit seinem Wesen nach dialogisch ist, eine
Flaschenpost sein, aufgegeben in dem – gewiß nicht immer hoffnungsstarken –
Glauben, sie könnte irgendwo und irgendwann an Land gespült werden, an Herzland
vielleicht. Gedichte sind auch in dieser Weise unterwegs: sie halten auf etwas
zu.“ (Paul Celan: Ansprache anlässlich der Entgegennahme des Literaturpreises
der Freien Hansestadt Bremen)
Dieses Zuhalten auf etwas, auf eine Zukunft, auf ein Publikum, auf eine Hörer- und Leserschaft, ist postpoetry zu wünschen – jetzt, zum nächstjährigen Jubiläum und darüber hinaus. Der Preis ist in seiner Weise einzigartig und wichtig für die junge sowie arrivierte Lyrik in NRW: Er zeichnet kein Lebenswerk aus, keine großen Namen, keine Projekte sondern schlicht und ergreifend das, worum es geht: Gedichte. Eine Auszeichnung für Eingezeichnetes.
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