Als
ich in diesem Jahr einer 95jährigen Dame Weihnachtsgrüße schicken wollte - sie hatte
sich Geschenke ausdrücklich verbeten - überlegte ich, was ich ihr schreiben
könnte. Sie hatte ein schweres Jahr hinter sich, in dem ihre Tochter, die sich
bislang um sie kümmerte, selbst erkrankt war. Es sah so aus, als ob dieses
Weihnachtsfest gänzlich anders verlaufen sollte als die vielen Jahre zuvor. Ich
wollte ihr gute Worte schenken und
überlegte, dass ich sicherlich bei Josef Reding fündig werden würde. So schlug
ich seinen Band „Kein Platz in kostbaren Krippen auf“ und wählte keine
Kurzgeschichte aus, sondern den Schlussteil: „Statt eines Nachworts: Lebte
Jesus nur ein paar Stunden?“
Der
Text beginnt: „Wenn wir Mahatma Gandhi sagen, stellen wir uns nicht einen
nackten, rosigen Säugling auf dem obligatorischen Krabbelfell im Studio des
Familienfotografen vor. Wir sehen einen ausgezehrten Mann, der sich in die
Gefängnisse der Besatzungsmacht schleppen läßt, der langfristige Hungerstreiks
durchsteht, der in der Volksmenge zu Hause ist, der in der Volksmenge sein
Konzept von der gewaltlosen Veränderung der Verhältnisse erklärt und der aus
der Volksmenge heraus ermordet wird.
Wenn
wir Martin Luther King sagen, denken wir….an einen Erwachsenen…an den
zwingenden Formulierer von „I have a dream…“, an den Gemeuchelten von Memphis,
Tennessee….“
Josef
Reding erklärt im weiteren Text, dass wir den erwachsenen, unbequemen, provozierenden,
ärgerlichen Christus nicht mit unserem Lebensmodus in Einklang bringen können
und wollen und deshalb den Abstand zu ihm suchen, indem wir ihn auf die Geburt
reduzieren, ihn klein halten, weil wir auch sein Leiden nicht ertragen.
Josef
Reding, der 1929 in Castrop-Rauxel geboren wurde, konnte sein Abitur erst nach amerikanischer
Gefangenschaft - er war als fünfzehnjähriger Junge noch zum Volkssturm eingezogen
worden - 1951 ablegen und studierte Germanistik, Psychologie, Publizistik,
Kunstgeschichte und Anglistik in Deutschland und in den USA. Kriegs- und Amerika-Erfahrung
sowie seine christliche Grundhaltung prägten sein Leben und sein Werk. Er
lernte in Amerika short stories kennen und wurde zum Meister dieser Gattung. Kurzgeschichten,
viele Kinder- und Jugendbücher, auch Drehbücher
stammen aus seiner Feder.
Josef
Reding war immer auch Schriftstellerkollege, der streitbar für die Rechte der
Autorinnen und Autoren eintrat, sei es im Landesvorstand des Verbandes
deutscher Schriftsteller Nordrhein-Westfalen (1971-1979), sei es als
Bundesvorsitzender (1976 bis 1980).
Neben
Wilhelm Damwerth, Wolfram Dorn, Agnes Hüfner u. a. war Josef Reding 1977 Gründungsmitglied der
Gesellschaft für Literatur in NRW e.V.
Ohne
die Unterstützung durch die Gesellschaft
für Literatur ginge es vielen Autorinnen und Autoren in Nordrhein-Westfalen
schlechter, das wusste niemand so gut wie Josef Reding, der - solange er konnte
- fortwährend auf Lesereisen war, um für sich und seine Familie den
Lebensunterhalt zu verdienen.
In
den letzten Jahren blieb Josef Reding Ehrenmitglied
der Gesellschaft für Literatur. Aus dieser Rolle entlassen wir ihn nur ungern. Er
wurde 90 Jahre alt und konnte auf ein erfülltes Leben zurückblicken, in dem es nichts
desto trotz Höhen und Tiefen gab. Wir sind traurig einen wichtigen Schriftsteller,
einen treuen Kollegen, einen guten Freund verloren zu haben.
Wir
nehmen Anteil an der Trauer seiner Anhörigen, seiner Frau, seinen Kindern,
seinen Geschwistern.
Josef
Redings Geschichten werden bleiben. Nicht nur zu Weihnachtszeit.
Monika Littau
Vorsitzende der Gesellschaft für
Literatur in NRW e.V.
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