Circa
fünfzig Schülerinnen und Schüler der Hulda-Pankok-Gesamtschule in Düsseldorf
waren am Freitagmorgen (29.03.2019) Gast in der Düsseldorfer Zentralbibliothek.
„Die sehen ja beide noch so jung aus“, murmelte eine der Schülerinnen zu
Beginn. In der Tat war ohne Vorwissen schwer zu unterscheiden, wer von den
beiden Preisträgern des Projekts postpoetry.NRW in die Kategorie „Nachwuchs“
oder „Lyriker NRW“ gehörte, denn beide wirkten jung und aufgrund ihres
Lebensalters noch recht nah „an den Schülern dran“.
Zunächst
präsentierte Florian Kranz seine Anagramm-Gedichte, kunstvolle kleine Werke,
die auf den ersten Blick keinesfalls verständlich sind, speisen sie sich doch
in vielfachen Variationen aus dem Buchstabenrepertoire eines Satzes oder einer
Zeile eines Gedichtes, beispielsweise von Ingeborg Bachmann („Wir teilen ein
Brot mit dem Regen“) und Paul Celan („Wir schaufeln ein Gab in den Lüften“).
Das Verfahren ist nicht ungefährlich, denn die Beschränkung auf ein bestimmtes
Buchstabenrepertoire kann auch dazu führen, dass einfach nur das technisch
Machbare umgesetzt wird. Nicht so bei Florian Kranz, der Gedichte mit neuer
Form schafft (klare Strophenform, Wiederholungsstrukturen u. a.), und dem Inhalt
verbunden bleibt, auch wenn dieser sich nicht auf den ersten Blick erschließt.
Wie viel Mühe die Entwicklung eines Anagrammgedichtes machen kann, davon
bekommt der Leser/die Leserin in der Auseinandersetzung mit den Texten durchaus
eine Vorstellung.
Ganz anders Sigune Schnabel,
die in der Kategorie „Lyrikerin NRW“ einen Preis erhielt. Sie las überwiegend
aus ihrem ersten Gedichtband „Apfeltage regnen“ Texte, die ihre Qualität aus
dem Changieren zwischen Realität und Traum gewinnen, manchmal auch, wie ein
Schüler bemerkte, Komik entwickeln können, beispielsweise in folgender Wendung:
„Abends legen wir unseren Träumen/Schwimmflügel an,/doch wenn sie mit nassem
Haar/aus dem Wasser steigen,/haben wir keine Handtücher,/sondern nur Fragen,/an
denen sich ihre glatten Körper/reiben“. Auch die Gedichtüberschrift „Worte
tragen keine Wanderschuhe“ führte um Schmunzeln beim Publikum.
Sigune Schnabel gelingt es
in ihren Texten, immer dann, wenn wir glauben, auf dem festen Boden der
Tatsachen zu stehen, diesen Boden aufzulösen und uns in den Traum zu ziehen. Die
Metaphorik ihrer Texte spielt eine tragende Rolle, besonders Bilder des Fließens
oder des Übergangs wie Wasser, Flüsse, das Meer, Eis, Schnee sind feste
Bestandteile ihrer Gedichte.
Am Ende der Lesung hatten
die beiden Autoren des Morgens dazu beigetragen, einen Schüler der
Pankok-Gesamtschule zum Vortrag eigener Texte zu animieren.
Durchs Programm führte der
in Aachen lebende Lyriker Jürgen Nendza, der mit seinem besonderen Zugang zu
Lyrik den Schülerinnen und Schülern manchen Schlüssel zum Verständnis
anbot.
Monika Littau
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