Von Caroline Dohmen
Zehn farbig
gestaltete Postkarten, bedruckt mit Gedichten, die dazu einladen, sie in die
Welt hinauszuschicken: Ein ganz traditioneller Kommunikationsweg, durch den
Lyrik eine größere Leserschaft finden soll. Bei den Gästen der siebten postpoetry.NRW
Preisverleihung schien die Idee anzukommen. Sie verließen die Veranstaltung
nicht selten mit einem bunten Kartenstapel.
Am 12. November 2016
zeichnete die Gesellschaft für Literatur in Kooperation mit dem Verband deutscher
Schriftsteller je fünf Lyriker und Nachwuchsautoren als Gewinner des
Lyrik-Wettbewerbs im Rahmen einer öffentlichen Verleihung in der
Stadtbibliothek Essen aus. Das Projekt postpoetry, finanziell unterstützt vom Land
Nordrhein-Westfalen und der Kunststiftung NRW, gibt sowohl bereits etablierten
Lyrikerinnen und Lyrikern sowie auch jungen Autorinnen und Autoren, ein Forum zur
Verbreitung ihrer Gedichte und zum Austausch über ihre künstlerische Arbeit. Es
leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Lebendigkeit der Lyrikszene, fördert
die Autoren gezielt und lädt gerade junge Menschen ein, sich mit Lyrik zu
beschäftigen.
Dieser Einladung sind
im Rahmen der Preisverleihung und Lesung viele Menschen gefolgt.
Vor vollem Saal
erhielt jeder der Preisträgerinnen und Preisträger die Möglichkeit, über das
eigene Gedicht, andere eigene Werke und die künstlerische Tätigkeit zu
sprechen. Die Moderatoren des Abends, die Schriftsteller Monika Littau und
Jürgen Nendza, führten persönliche Gespräche mit den Autoren. Sie nahmen dabei
vor allem Bezug auf Fotografien, die die Preisträger zuvor eingesandt hatten
und einen konkreten Bezug zu ihrer literarischen Arbeit herstellten. Außerdem
wurden die Laudationes der Jurys verlesen, die die Werke aus einer fachlichen Perspektive
beleuchteten.
Das Programm wurde musikalisch
ergänzt durch die europäische Band Santaï. Die jungen Musiker vertonen Gedichte
internationaler Herkunft und gaben dem Publikum durch ihre Performance die
Chance, eine weitere Dimension von Lyrik und die Interpretation von Dichtung
durch Musik auf sich wirken zu lassen.
Die ausgezeichneten
Lyrikerinnen und Lyriker Silke Andrea Schuemmer, Ingeborg Brenne-Markner, Sebastian
Polmans, Jan Skudlarek und Jürgen Brôcan spiegeln durch ihre Preiswerke die
große Variation von Stil und Inhalt der Gegenwartslyrik wider. Vielfalt zeigte
sich auch in ihren Biografien: Manche Preisträger sind schon lange Teil der
Lyrikszene und konzentrieren sich ganz auf das Schreiben von Gedichten, andere
publizieren neben Lyrik auch andere belletristische Texte oder haben erst spät
zur Lyrik gefunden.
Das Projekt
postpoetry.NRW verschreibt sich keiner bestimmten Stilrichtung oder legt allein
den Schwerpunkt auf die Reputation ihrer Autoren. Dafür sorgen einerseits die
Juroren, die jedes Jahr neu ausgewählt werden (Literaturwissenschaftler,
Verlagsvertreter und Lyriker) und ebenso die Anonymität des Wettbewerbs, die
allein die Qualität der Texte in den Mittelpunkt stellt.
Die
Nachwuchsautorinnen und -autoren überzeugten das Publikum ebenfalls von ihrem
Können. Die ausgewählten Gedichte von Marie Illner, Meike Wanner, Thang Toan
Nguyen, Tamara Malcher und Felix Güßfeld sprachen aktuelle, komplexe Thematiken
an und gaben Denkanstöße. Die jungen Dichterinnen und Dichter zeigten sich im
Gespräch mit den Moderatoren souverän und boten dem Publikum Einblicke in ihre
Ideen und junge Kunst.
Den diesjährigen
Publikumspreis gewann der 19-Jährige Thang Toan Nguyen mit seinem Gedicht „Kreuzworträtsel“.
Thang Toan verfasst bereits seit einigen Jahren Gedichte und nahm an einer Begabtenförderung
im Bereich des kreativen Schreibens teil.
Die bedruckten
Postkarten, gestaltet von der Künstlerin Galya Popova, waren, neben dem Preisgeld
und einem gemeinsamen Workshop, Teil der Auszeichnung eines jeden Autors. Sie lagen
im Anschluss an die Preisverleihung auch für die Gäste zur Mitnahme aus und
werden außerdem an Kultureinrichtungen und Bibliotheken zur Verbreitung
weitergegeben.
So wie die Lyrik auf
den Postkarten weitergetragen werden soll, wird auch der Austausch zwischen
Lyrikern und Nachwuchs fortgesetzt. In den nächsten Monaten werden fünf
Lesungen in verschiedenen Regionen NRWs stattfinden. In Bochum, Köln, Solingen,
Wuppertal und Bielefeld sind die Autorentandems, bestehend aus einem Lyriker
und einem Nachwuchsautor, zu Gast und stehen dem Publikum für Fragen und Diskussion
zur Verfügung.
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