Zur Lesung von Sebastian
Polmans und Felix Güßfeld in der Stadtbibliothek Köln-Sülz am 24. 01. 2017
Oft ist es nicht leicht, für
die Lyrik ein Publikum zu finden. Bei der Lesung von Sebastian Polmans und
Felix Güßfeld am Dienstag dieser Woche, mussten allerdings zur Freude aller Beteiligten
Stühle nachgeholt werden.
Begleitet von ihren Fachlehrern Frau Pittaro
(Schiller-Gymnasium) und Herr Steinkuhle (Hildegard-von-Bingen-Gymnasium)
nahmen etwa 60 hochmotivierte Schülerinnen und Schüler an der Lesung von
Sebastian Polmans (Niederkrüchten) und Felix Güßfeld (Köln) teil. Einige
weitere Gäste hatten ebenfalls den Weg in die Einrichtung gefunden, so dass die
obere Etage der Sülzer Bibliothek fast an die Grenzen ihrer Kapazität stieß. „Welches
wunderbare Potential“, kommentierte Autor Sebastian Polmans seinen Blick auf
das junge Publikum.
Dass die Schülerinnen und
Schüler so gespannt bei der Sache waren, lag nicht nur daran, dass mit Felix
Güßfeld ein sehr junger Autor zu Gast war und die Kölner Lyrikerin Marie T. Martin
ansprechend und sensibel durch das Programm führte, vielmehr wurde das
Interesse auch durch die Vorbereitung der Lehrer auf die Veranstaltung geweckt.
Am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium finden übrigens regelmäßig Poetry-Slams statt.
Es ist die immer wiederkehrende Erfahrung, dass die Aufgeschlossenheit und das
Interesse für Lyrik an allen Schulen, die dem eigenen, kreativen Schreiben
einen Stellenwert beimessen, besonders groß ist.
Frau Verweyen, Herr Steinkuhle |
Insofern möchte ich als
Initiatorin des Projektes an dieser Stelle allen Lehrerinnen und Lehrern, die angstfrei
und engagiert jungen Menschen Lyrik nahe bringen, von Herzen danken.
Ein Dankeswort geht auch an
den Verein Lesezeichen e.V. und seine Vorsitzende Margarethe Verweyen. Dass
postpoetry.NRW nun schon zum 6. Mal Gast in Sülz war, danken wir besonders ihr
und auch den Mitarbeiterinnen der Einrichtung.
Nun aber zur eigentlichen
Lesung, bei der die beiden Preistexte Großraum.büro
(Felix Güßfeld) und wie regen entsteht (Sebastian
Polmans) fast programmatisch am Anfang standen.
Sebastian Polmans, Felix Güßfeld |
Felix Güßfeld trug weitere
Gedichte und Prosa vor, besonders hervorzuheben die Kurzgeschichte „Der letzte Zug“,
in der in schnellen Perspektivwechseln der Weg nach Süden (u. a. einer
Wildgansgruppe), aber auch gegenläufig von Süden nach Norden (u. a. von
Flüchtlingen) im Mittelpunkt steht und endlich die Realität von Umweltvernichtung, Kriegsgeschehen fast ironisch
in Ignoranz gebrochen wird. Er, so Felix Güßfeld, stelle gern, wie in seinem
Preisgedicht, Probleme in den Mittelpunkt seiner Texte, greife auch auf Ekliges
und Hässliches zurück, um aufmerksam zu machen, wie etwa mit dem Bild der
Spinne in seinem Gedicht Großraum.büro.
Ganz anders zeichnete Sebastian Polmans, der
nicht nur las, sondern auch zur Gitarrenbegleitung sang, sein Schreibanliegen. -
Der vielfach ausgezeichnete Autor ist den Kölnern
seit der Vergabe des Rolf Dieter Brinkmann-Stipendiums 2015 sicher ein Begriff.
- Für ihn ist die Verbundenheit mit der Natur eine essentielle Grundlage, aber
nicht nur sie, sondern die Verbundenheit von scheinbar Disparatem überhaupt. „Auch
meine Großmütter sind ein Gedicht!“, meinte er lächelnd. Ihm gehe es um das
Aufspüren der Liebe, sagte er sinngemäß. Insofern ist es konsequent, dass er
sein Schreiben und Musizieren (früher Rap-Band Summsemann, heute Leo &
The Lilytree) und auch Malen als universelle
Heilkunst zu fassen sucht.
Trotz unterschiedlicher Ansätze gab es viele Verbindungen
zwischen den Autoren. Dass ein Poet die in einem Stück Papier schwebende Wolke
klar erkennt, darüber konnte man sich schnell verständigen. Denn ohne Wolke
kein Wasser, ohne Wasser keine Bäume und ohne Bäume kein Papier und ohne Papier
keine Gedichte zum Nachlesen, so dass man sie „inwendig auswendig“ lernen
könnte.
Immer wieder bin ich überrascht, wie unplanbar vielgestaltig
und wunderbar sich die Lesungen von postpoetry.NRW entwickeln.
Monika Littau